Citroën Ami 2020 Die moderne Ente?

Der elektrische Citroën Ami im ersten Fahrbericht mit Video-Review.

„100% elektrisch“ ist der Citroën Ami, darauf legen die Marketingstrategen Wert. Dass er dabei aber nur zu maximal 50 Prozent ein Auto ist, war von Anfang an Teil des Konzepts.

Mit dem nur 2,41 Meter kurzen Zweisitzer, der damit den ersten Smart um neun Zentimeter unterbietet, soll der Ami eine Mobilitätslösung für urbanen Verkehr darstellen. Citroën sieht ihn als Bindeglied zwischen Miet-Fahrrädern, E-Scooter und dem öffentlichen Nahverkehr. Für den Einsatz im oft erbarmungslosen Großstadtverkehr ist der Ami ähnlich minimalistisch konzipiert wie einst der Citroën 2CV , im Volksmund Ente genannt. Was damals aber nötig war, um Frankreich (und wie wir wissen auch das Ausland) zu motorisieren, ist heute Pragmatismus

Der Citroën Ami im Video

Auf einem Stahlrohrrahmen sitzt eine Karosserie aus durchgefärbtem Kunststoff. Parkrempler hinterlassen keine Kratzer. Die kleine Kiste ist ausschließlich in Hellgrau zu haben. Bunte Farbtupfer in Form von optionalen Designpaketen sollen für die nötige Individualisierung sorgen.

Statt kratzempfindlicher Leichtmetallfelgen stecken sie in Marokko, wo der Ami in einem PSA-Werk gebaut wird, Plastikradkappen auf die 14-Zoll-Räder. Auch die Produktion wurde vereinfacht. Front- und Heckmaske sind identisch, unterscheiden sich nur in den eingebauten Leuchten (vorne weiß, hinten rot). Auch die Türen kommen aus dem gleichen Regal. Das führt dazu, dass die Fahrertür untypisch hinten angeschlagen ist und nach vorne öffnet.

Minimalismus auch innen

Citroen Ami Elektroauto Test Fahrbericht Video Review 2020

Das gelingt nach einem wenig fingernagelfreundlichen Druck auf einen störrischen Druckknopf. Der Innenraum des Citroën Ami ist überaus geräumig, was auch am Karosseriekonzept liegt. Die Windschutzscheibe steht weit weg senkrecht vor den Passagieren, das Cockpit reduziert sich auf das nötigste. Ein kleines Display hinter dem glänzenden Kunststofflenkrad zeigt Informationen über den Batterieladezustand und die Geschwindigkeit.

Mittig gibt es drei Knöpfe. Einer betätigt den Warnblinkschalter, einer aktiviert einen Innenraumlüfter (einzige Stufe: Lärm und Sturm), ein weiterer sorgt mit Heizfunktion für freie Sicht durch die Scheiben.

Infotainment? Dafür wird das Smartphone verwendet, der Onlineshop hält auch einen passenden Bluetooth-Lautsprecher bereit, der in eine Halterung hinter dem Lenkrad gestellt wird.

Fahrer und Beifahrer sitzen, das kennt man vom Smart, leicht versetzt. Der Fahrersitz ist in der Länge verstellbar, der Beifahrer muss mit der vorgesehenen Position auskommen. Harte Polster drücken schon nach wenigen Kilometern auf Gesäß und Rücken. Stauraum ist in Form einer Kofferablage vor den Füßen des Passagiers vorgesehen, Kleinkram passt hinter die Sitze und in die Türnetze.

Airbags, ABS oder ein Stabilitätsprogramm hat der Citroën Ami nicht an Bord, das ist für die Zulassung als Leichtkraftfahrzeug nicht nötig. Er kann als schon im Alter von 16 Jahren (in einzelnen Bundesländern ab 15) mit der Führerscheinklasse AM („50er-Schein“) gefahren werden.

Maximal 45 km/h schnell

Den Zulassungsbestimmungen entsprechend liegt die Höchstgeschwindigkeit bei 45 km/h. Dafür reichen die 6 kW (8 PS) des Elektromotors. Die Batterie speichert überschaubare 5,5 kWh Strom. Laut Messzyklus für Motorräder und Leichtkraftfahrzeuge soll das für 75 Kilometer Strecke ausreichen.

Die erste Probefahrt mit dem Citroën Ami war kürzer, nachladen musste ich also nicht. Das gelingt über ein Auto integriertes, drei Meter langes, Ladekabel für die Haushaltssteckdose. 3,5 Stunden soll das Wägelchen dort hängen, bis der Akku voll ist. Citroën will später auch einen Adapter für Ladestationen und Wallboxen im Zubehör anbieten. Das erscheint dringend nötig, wenn der Ami in Carsharing-Systemen am Straßenrand parken soll.

Auf Dämmmaterial wurde bei Konstruktion und Produktion komplett verzichtet. Damit hört man nicht nur den Elektroantrieb und Abrollgeräusche der Räder ständig sehr laut, sondern bekommt auch viel von der Umwelt mit. Das Telefonat im SUV, das neben dir an der roten Ampel steht? Du bekommst jedes Wort mit. Verbrennergeräusche, vor allem von Rollern und Motorrädern? Direkt am Trommelfell.

Zusätzlich erscheint selbst ein Ford Fiesta neben dem Ami wie ein großer Panzer, man ist gefühlt stets auf der Hut. Das wird auch von der, trotz des Aufbaus, schlechten Rundumsicht genährt. Die manuell verstellbaren Außenspiegel sind zu klein, einen Innenspiegel gibt es gar nicht. Dafür ein Glasdach für ideale Sicht auf Ampeln.

Leasing ab 20 Euro im Monat

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Springt die „Lichtsignalanlage“ auf grün, stromert der Citroën Ami bei durchgetretenem Fahrpedal weniger zügig los als die meisten anderen Verkehrsteilnehmer. Bei 37 km/h, also knapp für Höchstgeschwindigkeit, lässt der Vortrieb spürbar nach. Geschenkt, spätestens jetzt muss man eh wieder stoppen. Das gelingt prima ohne Bremse. Die austarierte Energierekuperation sorgt für ein gekonntes „One-Pedal“-Fahren.

6.900 Euro kostet der Citroën Ami in Frankreich, nach Abzug der dortigen Förderung noch 6.000 Euro. 1.000 Exemplare wurden seit Verkaufsstart im Juni auf dem Heimatmarkt abgesetzt. Laut Hersteller entschieden sich bislang drei von vier Kunden für den Kauf des Autochens, der Rest für Leasing. Das kostet, je nach Anzahlung und Laufzeit, ab 19,99 Euro im Monat.

Anfang 2021 soll der Citroën Ami auch bei uns auf den Markt kommen. Der Vertrieb läuft über eine Website, das Auto kann dem Kunden nach Hause oder zu einem Citroën-Händler geliefert werden. Der Preis soll sich auch bei uns auf dem Niveau der Frankreich-Tarife bewegen. Von der Umweltprämie für Elektroautos profitiert der Citroën Ami als Leichtkraftfahrzeug nicht. Einzelne Kommunen bieten aber lokale Förderungen an.

Fazit zum Citroën Ami

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Der kleine Franzose „made in Africa“ ist günstiger als der Renault Twizy und schützt seine Insassen besser vor Wind und Wetter. Das macht ihn auch im Vergleich zu einem E-Roller attraktiv. Der hat jedoch Vorteile im Stau, dort parkt der Ami wie andere Autos auch.

Auf Dauer dürfte der Verzicht auf jeglichen Komfort im Ami doch nerven, für Kurzstrecken ist er aber eine weitere Spielart für urbanen Verkehr. Aber auch keine Revolution, die die Massen bewegen wird. So viel „Ente“ ist er dann also doch nicht, trotz der Klappfensterchen.

Technische Daten

Citroën Ami

Getriebe Eingang-Reduktionsgetriebe
Elektromotor: Maximale Leistung kW 6 kW (8,2 PS)
Batterie 5,5 kWh Lithium-Ionen
Höchstgeschwindigkeit 45 km/h
Norm-Verbrauch kWh / 100 km ca. 7,3 kWh
Realer Verbrauch im Testzeitraum kWh/100 km 11,9 kWh (WMTC)
Leergewicht 471 kg
Länge / Breite / Höhe 2,41 / 1,39 / 1,52 Meter
Grundpreis 6.900 Euro in Frankreich
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Text: Bernd Conrad
Bilder: Dani Heyne, Bernd Conrad