Der noble Freizeitvan bietet weit mehr als den perfekten Blick in den Himmel.
„Der Mercedes unter den Großraum-Vans“. Dieses Image haftet dem VW Bus mit seinen Derivaten seit vielen Jahren an. Er gilt als (teures) Premium-Angebot in der Klasse der Raumriesen, die Mitbewerber von Ford, Renault / Opel und PSA konnten da selten mithalten. Was auch für die Mercedes-Alternativen galt. Die erste V-Klasse und auch der Viano versprühten im Anspruch und der Verarbeitung zu viel Baustellen-Charme.
Schluss. Aus. Ende. Das konnte der Erfinder des Automobils nicht auf sich sitzen lassen. Im Herbst 2014 kam die aktuelle Mercedes V-Klasse auf den Markt. Sie setzte den Horizont wieder gerade. Denn jetzt ist sie „der Mercedes unter den Großraum-Vans“ und konnte auch schon im AUTONOTIZEN-Alltagstest als V250d (damals noch V250 Bluetec) überzeugen.
Grund genug, den schicken Kilometerfresser ein zweites Mal antreten zu lassen. Diesmal als Marco Polo 250d. Das Freizeitmobil auf Basis der mittleren V-Klasse-Länge (5,14 Meter) ist direkt gegen den VW California positioniert.
Der Testwagen rollt im zurückhaltenden Flintgrau Metallic vor, die optionalen 19-Zoll-Leichtmetallfelgen als Bestandteil des Exterieur-Sport-Pakets unterstreichen das edle Antlitz. Im Innenraum empfängt eine stilsichere Kombination aus grauen Stoffsitzbezügen und beigen Kunststoffpaneelen an Cockpit und im Fondbereich die Passagiere. Sehr edel wie auch die verbauten Materialien.
Auf der Reise überzeugt der 190 PS starke 2,1 Liter-Turbodiesel (mit einfach nachzufüllendem AdBlue-Tank). Vor allem auf langen, zügigen Autobahnetappen überrascht stets erneut, wie wenig sich der Selbstzünder um Luftwiderstand und über 2,5 Tonnen Leergewicht schert. 205 Stundenkilometer stehen als mögliche Höchstgeschwindigkeit nicht nur in den Papieren, sondern auch gerne auf dem gut ablesbaren Tacho. Bis dorthin beschleunigt der Mercedes Marco Polo 250d vehement und ohne zu viel Radau. Gefühlt nagelt der Diesel im Leerlauf oder bei Rangiertempo wesentlich direkter ins Ohr.
Die in den PKW-Baureihen bereits abgelöste 7-Gang-Automatik, die bequem über den rechten Lenkstockhebel zu bedienen ist, sortiert die Übersetzungen stets passend und ist bei Leistungsabruf mit dem Kick-Down sofort zur Stelle. Auch die Lenkung macht Freude, ist direkt aber nicht zu spitz und sorgt für einen guten Geradeauslauf. Ein bisschen aus der Rolle fällt die Federungsabstimmung.
Auf den vorderen Plätzen ist alles prima, aber auf der Rücksitzbank müssen sich empfindliche Naturen mit steten Aufbaubewegungen arrangieren. Der Mercedes Marco Polo bietet den immensen Platz in seinem Fond aber eh viel lieber zur Freizeitnutzung an. Die Rücksitzbank muss manuell nach vorne geschoben werden, anschließend lassen sich die Sitze elektrisch flachlegen und mit der Verlängerung im Heckbereich verwandelt sich die Polsterlandschaft in ein bequemes Doppelbett.
Im elektrisch ausfahrbaren Hubdach findet sich ein weiterer Schlafplatz. Eine Person schläft hier wunderbar, zwei sollten sich schon sehr liebhaben und kuschelbedürftig sein. Die können dann ein nettes Detail der Produktplaner nutzen: Mit dem optionalen Glasschiebedach hat man hier oben die perfekte Aussicht auf den Vollmond oder den Sternenhimmel.
Das Hubdach kann sogar ausgefahren werden, wenn man eine bis zu 50 kg schwere Dachbox darauf geschnallt hat, entsprechend massiv sind die Haltearme des Dachs. Mit Rädern auf einem Halter an der Heckklappe und Gepäck auf dem Dach ließe sich so also eine lange Reise mit dem Mercedes Marco Polo planen. Der zweiflammige Gasherd, der Kühlschrank für eine Zweitagesration Nahrung und Getränke sowie der Frischwassertank mit Duschanschluss am Heck können dabei für Heimatgefühle sorgen.
Natürlich bietet ein Freizeitvan wie der Marco Polo nicht derart opulente Wohnverhältnisse wie das vor Kurzem getestete Hymer-Wohnmobil , ist dafür aber auch mit seiner Höhe knapp unter zwei Meter voll und ganz alltagstauglich.
Dabei sollte nur klar sein, dass vieles, was die Zeit mit dem Test-Benz so angenehm und schick machte, Aufpreis kostet. Der Marco Polo rollte nicht nur als bereits im Grundpreis 59.950 Euro teures Edition-Modell an, sondern kam mit der Vielzahl seiner verbauten Optionen auf einen Listenpreis von 74.058,46 Euro.
Eine hohe Investition, ja. Aber der potenzielle Marco Polo Käufer wird sein Auto oft nicht nur als Alltagsauto nutzen, sondern auch die Möglichkeit nutzen, einfach mal die kleine Wochenendflucht zu proben. Damit passt der Entdecker Marco Polo als Namenspatron, den mit dem Benz-Bus vor der Haustür wird man häufiger einfach mal dort hin fahren, wo man noch nie war. Und beim Kaufpreis gegenüber dem bisherigen (?) Klassenprimus VW California ein paar große Scheine einsparen können.
Das ist ein Wort, denn mit dem Marco Polo bekommt er jetzt wirklich „den Mercedes unter den Freizeitvans“.
Technische Daten
Mercedes-Benz Marco Polo EDITION 250d |
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Hubraum | 2.143 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 140 kW / 190 PS bei 3.800 U/min (Overboost: 150 kW / 204 PS) |
Max. Drehmoment | 440 Nm bei 1.400 - 2.400 U/min (Overboost: 480 Nm) |
Getriebe | 7-Gang-Automatik |
Beschleuningung 0-100 km/h | 10,9 Sekunden |
Höchstgeschwindigkeit | 205 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 6,2 Liter |
Verbrauch real auf 100km | 9,0 Liter |
Leergewicht | 2.440 kg (ohne Extras) |
Länge / Breite / Höhe | 5.140 / 2.249 / 1.980 mm |
Grundpreis | 59.950 Euro |
Testwagenpreis | 74.058,46 Euro |