Der SsangYong Tivoli Fizz mit 163 PS starkem Benziner im AUTONOTIZEN-Alltagstest.
Was eignet sich besser, endlich mal mit Vorurteilen aufzuräumen, als ein Gespräch mit der (auf Distanz und zufällig) versammelten Nachbarschaft. Es steht zum wiederholten Mal ein SsangYong vor der Garage, der „kleine" (dazu später mehr) Tivoli. Mal wieder wird, man hat ja auch im kleineren Radius einen Bildungsauftrag, die Marke erklärt. Dass Ssangyong aus Südkorea kommt, wissen noch nicht alle.
Der Tivoli Fizz im Video-Review
„Ich finde es ja immer gut, dass Du bei AUTONOTIZEN auch Budget-Autos testest“, wird gelobt. Und die Verbesserung folgt direkt, denn schon sind wir mittendrin im Vorurteil. SsangYong eine Budget-Marke? Spätestens jetzt lohnt sich das Öffnen einer der Türen und ein Blick in den Innenraum.
Klavierlackoberflächen, große und fest gepolsterte Sitze, ein riesiges 9,2-Zoll-Infotainmentdisplay. Spätestens jetzt zeigt auch der SsangYong Tivoli, dass er und seine größeren Brüder wie der kompakte Korando vom Anspruch eines Geiz-ist-Geil-Autos wie dem Dacia Duster so weit entfernt ist wie Pyeongktaek in Südkorea (Hauptsitz von SsangYong) von Mioveni in Rumänien (Dacia).
Konkurrenz zu Kona, Juke und Co.
Es bedarf gar nicht mal der schicken Zweifarbenlackierung mit Karosserie in „Orange Pop Metallic“ und Dach sowie Außenspiegelkappen im strahlenden Weiß, um dem Tivoli einen besonderen Stil zuzugestehen. Die Kontrastfarbe gehört zum Sondermodell Tivoli Fizz. Das macht im Frühsommer 2020 durch eine Verkaufsaktion mit Real von sich reden. Aber glänzt der kompakte Koreaner nur im Handzettel?
Mit einer Karosserielänge von 4,23 Metern parkt der SsangYong Tivoli nicht nur vor der Garage, sondern auch genau im boomenden Segment der kleinen SUV, stellt sich Konkurrenten wie Hyundai Kona, Nissan Juke , Skoda Kamiq und VW T-Cross in den Weg. Seit dem Facelift des Tivoli im Spätsommer 2019 macht er das mit einer neugestalteten Frontpartie, stärker ausmodellierter Heckklappe und einem komplett neuen Cockpit. Wer sich mit dem Wunsch nach hochwertigen Kunststoffen übrigens auf den Weg zum VW-Händler macht, um einen T-Cross zu bestellen, sollte spätestens jetzt recht ranfahren und im Navigationssystem die Route nach einer SsangYong-Vertretung eingeben.
Dort angekommen, dürften die Interessenten auch über das Raumangebot des Tivoli staunen. Kleinwagenhaft wirkt hier nichts. Durch steile Seitenscheiben und das hohe, gerade nach hinten verlaufende Dach, steht überall viel Platz zur Verfügung. Vor allem die großen Vordersitze gefallen, auch die Sitzposition ist gut.
Die Lehne der Rücksitzbank lässt sich natürlich zweigeteilt nach vorne klappen, um das Volumen des 427 Liter großen Kofferraums zu erhöhen, aber auch in zwei Stufen in der Neigung verstellen. Der Komfortgewinn für die Fondpassagiere bleibt aufgrund des geringen Unterschieds der beiden Positionen aber überschaubar.
Übersichtliche Instrumente
Der SsangYong Tivoli Fizz, der auf der Ausstattungslinie Quartz basiert, hat analoge Rundinstrumente. Das digitale Kombiinstrument mit 10,25 Zoll Bildschirmdiagonale bleibt der Ausstattungslinie Sapphire vorbehalten. Aber auch der Blick auf klassische Hardware gefällt und bietet schnelle Übersicht. Zwischen Drehzahlmesser und Tacho informiert ein monochromes Display über die Angaben von Bordcomputer, Fahrassistenten und Navigationshinweisen. In guter alter SsangYong-Tradition lassen sich hier auch allerlei Töne wie Begrüßungs- und Verabschiedungsmelodie sowie die Lautstärke des Blinkergeräuschs einstellen. Einzig das Surfen durch die Menüs mit der einzigen Lenkradtaste ist umständlich, man kann nicht in zwei Richtungen hin- und herschalten.
Benziner mit 163 PS
Das Schalten ist eine hervorragende Überleitung zum Fahren, nicht wahr? Überredet, wir nehmen sie an. Im Testwagen ist die optionale Sechsgang-Wandlerautomatik eingebaut, die es für die beiden Vierzylinder-Tivolis als Benziner und Diesel gegen Aufpreis gibt (bei Real im Frühsommer 2020 wird aber nur der Tivoli Fizz mit manuellem Getriebe angeboten). Der neue 1.2 T-GDI mit drei Zylindern kommt stets mit Handschaltung.
Maximal 163 PS leistet der 1.5 T-GDI-Benziner im SsangYong Tivoli. Wie schon im getesteten Korando macht die Eigenentwicklung unter der Motorhaube auch hier einen guten Job. Mit der Automatik ist einzig das Anfahren ein wenig ruppig, sonst passen Kraftentfaltung der maximal 260 Newtonmeter Drehmoment (mit Schaltgetriebe sind es übrigens 280 Nm) und Fahrleistungen gut in den Alltag.
Acht Liter Benzin auf 100 Kilometer genehmigte sich der SsangYong Tivoli 1.5 T-GDI im Testalltag, einen Liter mehr als der NEFZ-Wert (7,0 Liter) verspricht. Das ist kein Sparrekord, vor allem die Automatik dürfte gut und gerne einen halben Liter im Vergleich zum Schaltgetriebe aufschlagen. Angesicht der (inneren) Größe des Autos geht der Wert aber in Ordnung, Vielfahrer können weiterhin zum Diesel mit 136 PS greifen. Das gilt auch für Freunde des Anhängerziehens. Der Benziner hat eine maximale Anhängelast von 1.000 Kilogramm, beim Selbstzünder (e-XDi genannt), sind es 1,5 Tonnen.
Die Fahrwerksabstimmung des Tivoli ist eher straff, vor allem mit den 18-Zoll-Felgen des Sondermodells Fizz. Übertriebene Härte zeigt er aber nicht, liegt stets verbindlich und ohne große Karosseriebewegungen auf dem Asphalt.
Was kostet der Tivoli Fizz?
Spurhaltassistent, Verkehrszeichenerkennung und ein Spurverlassenswarner fahren in jeden Tivoli serienmäßig mit. Außerdem weist er an der Ampel oder im Stopp-And-Go-Verkehr darauf hin, wenn sich der Vordermann in Bewegung setzt. – falls man mal am Infotainmentsystem herumspielt und in Apple CarPlay oder Android Auto das Lieblingslied sucht. Auch ein Knieairbag für den Fahrer ist an Bord. Die volle Armada an Assistenzsystemen mit Totwinkelwarner, Querverkehrsassistent beim Ausparken und Spurwechselassistent gibt es aber nur in der Topversion Tivoli Sapphire. Das gilt auch für LED-Hauptscheinwerfer.
Zurück in die Nachbarschaft. „Was kostet so ein SsangYong Tivoli denn eigentlich?“. Der Dreizylinder startet als Basismodell Crystal, dem aber selbst eine Klimaanlage fehlt, bei 15.490 Euro. Der Testwagen hat einen Listenpreis von 24.990 Euro (inklusive 2.000 Euro für die Automatik). Das klingt recht selbstbewusst und zeigt, zusätzlich zur guten Verarbeitung, der Materialauswahl und dem Fahrverhalten, dass SsangYong keine Billigmarke ist.
Angesichts der kompletten Ausstattung des Tivoli Fizz mit dem großen Infotainmendisplay, Navigationssystem, Smartphoneeinbindung, Rückfahrkamera, Sitzheizung vorne usw. stellen die Koreaner aber einen mehr als fairen Gegenwert auf die Straße. Im Vergleich zur Konkurrenz ist der Tivoli nicht nur deutlich geräumiger, sondern auch fair eingepreist. Ein schwächerer Nissan Juke (mit weniger Platz im Innenraum) liegt je nach Ausstattung auf dem Niveau des Koreaners, ein Hyundai Kona (1.6 T-GDI Trend) ist ein paar grüne Scheine teurer.
Wie dieser kommt auch der SsangYong Tivoli mit fünf Jahren Garantie, im Gegensatz zum Hyundai ohne Streckenlimit aber begrenzt auf eine Laufleistung von 100.000 Kilometern.
Das Fazit
Keine Angst vor dem Unbekannten! Ebenso, wie man ja auch nicht immer das Gleiche auf dem Tisch sehen will und im Supermarkt auch mal in den Gang mit den Produkten aus den Fremden Ländern abbiegt, lohnt sich auch beim Autokauf der Blick über den Tellerrand.
Als Realist hört man mehr auf die eigenen Ansprüche und Bedürfnisse als auf Imagefolklore. Und muss dann selbst viel reden – wenn man den Nachbarn das SUV aus Korea erklärt. Oder wildfremden Menschen auf dem Supermarktparkplatz.
Technische Daten
SsangYong Tivoli Fizz 1.5 T-GDI |
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Abgasnorm | Euro 6d-Temp |
Hubraum | 1.497 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 120 kW / 163 PS bei 5.000 U/min |
Max. Drehmoment | 260 Nm bei 1.500 - 4.000 U/min |
Getriebe | Sechsgang-Automatik |
Höchstgeschwindigkeit | 175 km/h |
Norm-Verbrauch auf 100km | 7,0 Liter (NEFZ) |
Verbrauch real auf 100km | 8,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Hankook Ventus Prime 215/50 R18 |
Leergewicht | 1.335 kg |
Anhängelast (gebremst) | 1.000 kg |
Länge / Breite / Höhe | 4.225 / 1.810 / 1.613 mm |
Grundpreis | 24.990 Euro (mit Automatik) |
Testwagenpreis | 24.990 Euro |