Sono Motors sucht neue Interessenten, um 50 Millionen Euro einzusammeln.
Auch in Deutschland sind einige Start-ups angetreten, um im noch jungen Markt der Elektromobilität mitzumischen. Die Chancen wirkten verlockend. Die etablierten Autohersteller boten als schlafende Riesen weiter ihre Verbrenner feil, während man die junge Zielgruppe als potenzielle Kunden für neue Player ausmachte.
Sono Sion soll bei NEVS entstehen
In Aachen entstand nach dem Verkauf von StreetScooter an die Deutsche Post mit e.GO ein Kleinwagenprojekt und in München wurde 2017 der Prototyp des Solarautos Sion von Sono Motors gezeigt. Die drei Gründer schienen auf einem guten Weg, noch im gleichen Jahr konnten erste Prototypen gefahren werden – in denen aber noch der BMW i3 als Spenderfahrzeug durchschimmernde. Das Management wuchs, die Reservierungen trudelten ein und mit NEVS wurde der „europäische Auftragsfertiger“ präsentiert. Auch wenn sich dabei um ein Unternehmen in chinesischer Hand handelt.
Und dann erwachten doch irgendwann die Riesen. Neben Renault, die eh schon lange Jahre fleißig den Zoe verkaufen und jüngst das 200.000 Exemplar montierten, auch der Volkswagen-Konzern. Als Keimzelle des Dieselskandals brachten Wolfsburg (und Ingolstadt!) den Stein auf dem Weg vom Verbrenner um Elektromotor erst so richtig ins Rollen. Und jetzt rollen, noch bevor 2020 der ID.3 und seine Derivate starten, drei günstige Elektroautos in den Handel.
Geschickt wurden mit dem Seat Mii Electric und den baugleichen Brüdern Skoda Citigo e iV und VW e-Up die alternden Kleinstwagen zu Elektroautos mit größerer Batterie als beim „alten“ e-Up anständiger Reichweite umgebaut. Mit Einstiegspreisen ab 20.650 Euro vor Abzug der Umweltprämie (die bald auf 6.000 Euro steigt) wird damit das Elektroauto erschwinglich.
Die Verarbeitung passt und – das sollte man nicht unterschätzen – Herr Kunde und Frau Kundin wissen doch eine Werkstatt in der Nähe, „falls mal was sein sollte“. Keine idealen Voraussetzungen für noch unbekannte Start-ups.
Das bekommt jetzt wohl auch Sono Motors zu spüren. Der Sion verzögerte sich und tut dies weiter. Neue Entwicklungsschritte wurden zumindest der Presse nicht mehr präsentiert, außer ein paar Computerbildern des Seriendesigns. Und jetzt schickt das Münchner Unternehmen einen Hilferuf.
Verhandlungen mit einem Investor sind gescheitert. „Wir hätten die Abwanderung unserer Technologien und Patente in Kauf nehmen müssen“, schreiben die Gründer in einer Email an Interessenten. Das klingt nach einem chinesischen Investor.
Jetzt will sich Sono Sion anstelle von Großinvestoren wieder über Crowdfunding auf die Räder stellen. „Konkret brauchen wir 50 Millionen Euro bis zum 30. Dezember 2019. Das entspricht 2.000 Reservierungen über den vollen Preis (25.000 Euro, Anm. d. V.)“.
Das muss man mal verdauen. In 29 Tagen (die Mail wurde am 1. Dezember verschickt) müssen also 2.000 Menschen zur Reservierung eines Autos für 25.000 Euro, dass sie noch nicht im Serientrimm sehen oder fahren konnten, gefunden werden. Während man für 4.000 Euro weniger z.B. einen Seat Mii Electric kaufen oder ab 145 Euro im Monat leasen kann. Oder mit dem Renault Zoe ein etabliertes und auch sehr gutes Elektroauto zur Wahl hat.
Den Betrag von 50 Millionen Euro benötigt Sono Motors um „in Produktionsanlagen und die Herstellung von Prototypen investieren zu können“. Damit ist auch klar: Mit dem angepeilten Start der Serienfertigung im Jahr 2020 wird das nichts mehr. Es bleibt spannend, was für eine Email am 30. Dezember verschickt wird. Wenn überhaupt noch eine kommt.
P.S.: Der Autor dieser Zeilen freut sich über alle mutigen Unternehmer, die mit ihren Ideen in den Automobilmarkt starten. Wer AUTONOTIZEN liest, wird dies feststellen. Start-ups und kleine Marken bekommen hier ihren Rahmen in der Berichterstattung, auch – und vor allem – die Elektromobilität. Auch wenn die wie hier negative Meldungen verbreiten. Das nur vorab, bevor jemand eine „Du bist doch von VW/Renault/BMW/Mercedes/wemauchimmer gekauft“ schreibt.
Im Video: Der Seat Mii Electric