Der neue VW ID.7 startet im Herbst. Schon jetzt gibt es hier alle Informationen mit Sitzprobe, auch als Video-Review.
Große Pläne hat VW mit seinem neuen Elektro-Topmodell, dem ID.7. Den Anspruch, mit der Fließhecklimousine ein Weltauto auf den Markt zu bringen, zeigen drei zeitgleiche Weltpremieren. Auf der Messe Auto China in Shanghai feiern die Versionen der Joint-Venture-Partner SAIC und FAW ihren Auftritt, während VW den ID.7 parallel in Nordamerika und Deutschland (für Europa) zeigt.
Video: Der ID.7 im ersten Check
Die technische Grundlage für die Fließhecklimousine, der im Jahr 2024 der erste Elektro-Kombi der Marke zur Seite gestellt wird, liefert die bekannte MEB-Architektur (Modularer Elektroantriebs-Baukasten). Unter der 4.961 Millimeter langen Fließheck-Karosserie streckt sich der Randstand auf 2.966 Millimeter und damit beinahe auf das Format des ID.Buzz . Der VW ID.7 ist 1.862 Millimeter breit (ohne Außenspiegel) und 1.538 Millimeter hoch. Damit überragt der den Konkurrenten Hyundai Ioniq 6 nur um wenige Zentimeter.
Die Sitzprobe
Die erste Sitzprobe im neuen Mittelklasse-VW zeigt aber, dass die Ingenieure und Designer in Wolfsburg die Funktion weniger hinter die Form gestellt haben als ihre südkoreanischen Kollegen. Auch der 1,92 Meter große Autor kann im Fond des ID.7 sehr gut sitzen, einer mehr als ausreichenden Kopffreiheit sei Dank.
Dies wurde nicht mit dem sonst gerne angewandten Trick einer flach über dem Innenboden montierten Sitzbank erschlichen. Im Gegenteil: Hier muss man die Beine weniger stark anwinkeln als in anderen ID-Modellen. Die beiden äußeren Plätze bieten ausgeprägte Wangen für mehr Seitenhalt. Somit ist der mittlere Passagier derjenige, der vor dem Einsteigen das kürzeste Stöckchen gezogen hat. Hinter dem Fondabteil öffnet die große Klappe den Zugang zu einem 532 Liter großen Kofferraum. Einen „Frunk“, also ein Staufach unter der vorderen Haube, hat auch der VW ID.7 nicht zu bieten.
Fahrer und Beifahrer können es sich, je nach Ausstattung, auf ErgoActive-Sitzen mit AGR-Zertifizierung (Aktion Gesunder Rücken e.V.) bequem machen. Erstmals gibt es eine Climatronic für die Sitze. Neben anwählbaren Stufen für Sitzheizung und -belüftung kann man dies auch einer automatischen Steuerung überlassen. Sensoren in Sitzfläche und Rückenlehne für Temperatur und Feuchtigkeit erkennen den Bedarf und steuern die Funktionen. So kann es sein, dass gleichzeitig Heizung und Lüftung aktiviert werden. Auf der ersten Probefahrt im ID.7 , noch im Kleid einer bunten Folie, zeigte sich dieses System bereits als kompetenter Begleiter. Je nach Sitz (ErgoKomfort oder ErgoPremium) sorgen bis zu 12 aufblasbare Polster, davon zehn in der Lehne, für verschiedene Massagefunktionen.
Head-up Display serienmäßig
Neben den Sitzbezügen verzichtet auch der Kranz des Multifunktionslenkrad auf Leder, ist also tierfrei. Noch wurde der angekündigte Schwenk zu physischen Tasten im Lenkrad anstelle der Touch-Felder nicht umgesetzt. Bei den ID-Modellen dürfte diese Umstellung etwas länger dauern als bei den Verbrennern, da die gesamte Architektur für den Einsatz physischer Bedienelemente überarbeitet werden muss.
Das Display vor dem Fahrer steht nicht mehr, wie bei ID.3 und Co., auf der Lenksäule, sondern ist als schmale Leiste ins Cockpit integriert. Das reicht aus, so zeigt der Check, um den aktuellen Ladezustand der Batterie, Anzeigen zur Fahrassistenz und die Geschwindigkeit abzulesen.
Mehr Informationen liefert das im ID.7 serienmäßige Head-up-Display mit AR-Inhalten (Augmented Reality). Navigationshinweise und Warnungen der Abstandskontrolle oder der Spurhalteassistenz werden direkt auf die Windschutzscheibe projiziert. Die Inhalte können über das Multifunktionslenkrad konfiguriert werden.
Einfachere Bedienstruktur
Umgekrempelt wurde das Menü auf dem zentralen Infotainment-Monitor. Er hat eine Bildschirmdiagonale von 15 Zoll und steht auf hinterleuchteten Slidern für Audio-Lautstärke und Klimatemperatur. Inwieweit das die Bedienung während der Fahrt erleichtert, muss ein späterer Test mit Nachtfahrten zeigen. Dann wird man auch Zeit finden, das Ambientelicht wirken zu lassen. Schon bei der Sitzprobe im Tageslicht gefallen Armaturenbrett und Türverkleidung mit hochwertig wirkenden Materialien.
Zurück zum Infotainment, dessen Bedienstruktur deutlich vereinfacht wurde. Zwei feste Symbolleisten, eine oben und eine unten, erlauben eine flüssigere Bedienung auf der ersten Menüebene. Klima- und Sitzfunktionen sind, ebenso wie eine virtuelle „Home-Taste“ am unteren Rand des Bildschirms steuerbar. Oben lassen sich die Fahrzeugfunktionen direkt ansteuern, ohne das aktuelle Infotainment-Programm zu verlassen. Auch eine aktive Smartphone-Integration (Apple CarPlay oder Android Auto kann hier ausgewählt werden. Kabelsalat muss hierfür nicht zubereitet werden, die Apps können ohne Verbindung an einem der USB-C-Steckplätze gespiegelt werden.
Bei der Sitzprobe fällt auf, dass der Touchscreen stets schnell auf Berührungen reagiert und Befehle schnell umsetzt. Auch waren keine „Bitte warten“-Anzeigen oder andere Systemfehler zu erkennen. Drücken wir dem ID.7 also die Daumen, dass es so bleibt.
700-Watt-Sound gegen Aufpreis
Der Home-Screen kann mit den bevorzugten Funktionen konfiguriert werden, außerdem gibt es eine Kachelansicht aller Apps. Hier kann man dann per Fingerdruck seine Auswahl treffen, oder man nutzt die jetzt IDA genannte Sprachsteuerung. Sie kann Fragen durch Internetrecherche beantworten oder auch Funktionen wie das neue „Smart Glas“-Dach bedienen. Das neue Panoramadach, dass es gegen Aufpreis geben wird, kann sich elektronisch verdunkeln oder durchsichtig erscheinen.
Wer lieber zuhört, als zu sprechen, wird ein optionales Harman/Kardon-Soundsystem mit 700 Watt Ausgangsleistung und 14 Lautsprechern bestellen können. Dessen Subwoofer sitzt im Kofferraum. Der erste Elektro-VW mit optionalem Soundsystem ist der ID.7 aber nicht. Seit dem Facelift kann man für den kompakten ID.3 auch ein Beats-System bestellen.
Phaeton-Anspruch beim Klima
Zu heißen Rhythmen passt in der großen Limousine gewiss ein kühler Luftstrom. Hier folgt der VW ID.7 einem klassischen Denkansatz des einstigen Konzernchefs Ferdinand Piëch. Der wollte schon im Phaeton die komplett zugfreie Klimaanlage sehen.
Eine aktive Steuerung der Lüftungsdüsen, die jetzt bei Bedarf auch Luft „wedeln“ können, soll das ermöglichen. Sofern das entsprechende Programm aktiviert ist, startet die Klimatisierung im Sommer bzw. die Heizung des Innenraums im Winter schon dann, wenn sich Fahrer und Schlüssel dem Auto nähern. Seit dem Golf 8 sind die ebenfalls verfügbaren Smart-Klima-Funktionen bekannt. Man kann auf Befehle wie „Füße wärmen“ oder „Freie Sicht“ am Display klicken, die Klimasteuerung übernimmt den Rest.
Für den Einsatz im VW ID.7 wurden die Progressivlenkung und das DCC-Fahrwerk mit adaptiven Dämpfern umfassend überarbeitet. Ihre Funktionsweise konnten beide Systeme schon bei der Prototypen-Testfahrt demonstrieren.
Heckmotor mit 210 kW (286 PS)
Als erstes Modell der Marke bekommt der ID.7 einen neuen Elektroantrieb, intern „APP550“ genannt. Der permanenterregte Synchronmotor hat eine maximale Leistung von 210 kW (286 PS) und bietet 550 Newtonmeter Drehmoment. In rund 5,5 Sekunden soll der deutlich über zwei Tonnen schwere VW aus dem Stand auf Tempo 100 beschleunigen. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 180 km/h.
Zum Marktstart wird es zwei Varianten geben. Im VW ID.7 Pro steckt das bekannte Akku-Paket mit 77 kWh (brutto 82 kWh) Speicherkapazität. Die 400-Volt-Technologie erlaubt eine maximale Ladeleistung von 170 kW. Bei aktiver Routenführung wird der Akku vor Erreichen einer Ladestation vorkonditioniert. Das Pro-Modell soll eine Reichweite von bis zu 615 Kilometern ermöglichen.
Der ID.7 Pro S fährt mit einem 86 (brutto 91) kWh großen Akku vor, womit eine Reichweite von 700 Kilometern machbar sein wird. Die Leistung am Schnelllader klettert hier unter Idealbedingungen auf bis zu 200 kW. Angaben zum Stromverbrauch für beide Akku-Versionen des ID.7 macht VW im Moment noch nicht.
Was kann die Fahrassistenz?
Die Assistenzsysteme umfassen den Travel Assist mit Schwarmdaten. Das System zum Halten von Geschwindigkeit, Abstand und Spur holt sich seine Informationen also nicht nur aus Kameras, Sensoren und Navigationsdaten. Anonymisiert gesammelte Daten anderer VW-Autos auf den Straßen werden ebenfalls verarbeitet. Somit kann der Spurhalteassistent mit Lenkeingriff auch auf Straßen funktionieren, die keine Seitenlinie am Fahrbahnrand haben.
Der Totwinkelwarner hilft auf mehrspurigen Straßen beim assistierten Spurwechsel. Ist kein anderes Auto im Weg, kann man per Blinkerbetätigung das System zum Wechsel der Fahrspur motivieren – die Hände müssen dabei aber stets am Lenkrad mit kapazitivem Kranz bleiben.
Der „Park Assist Pro mit Memory-Funktion” kann bei Bedarf die letzten 50 Meter selbsttätig wieder zurückfahren. Hilfreich bei engen Einfahrten ohne Wendefunktion. Um die Memory-Funktion zu aktivieren, muss man nicht im Auto sitzen. Sie lässt sich auch über das Smartphone bedienen.
Zum Marktstart unter 60.000 Euro
Ab Sommer dieses Jahres soll man den neuen VW ID.7 bestellen können, die ersten Fahrzeuge werden in Europa ab Herbst ausgeliefert. Gebaut werden sie, auch für den Export nach Nordamerika ab 2024, im norddeutschen Emden. Dort baut VW auch den ID.4. In China kommt der ID.7, gebaut vor Ort von den Kooperationspartnern, in leicht adaptierter Form Ende 2023 auf den Markt.
Preise nennt VW noch nicht. Zum Marktstart wird es wohl eine vorkonfigurierte Ausstattungsvariante mit einigen Optionen geben. Sie soll, so ist zu hören „deutlich unter 60.000 Euro“ kosten. Später sind dann auch günstigere Versionen darstellbar. Außerdem dürfte früher oder später auch eine leistungsstärkere Sportvariante mit zweitem Motor an der Vorderachse und Allradantrieb auf der Straße erscheinen. Ob die dann noch ID.7 GTX heißt oder schon GTI? Das verraten die VW-Verantwortlichen noch nicht. Sicher ist: 2024 kommt der ID.7 auch als Kombi auf den Markt.
Fazit
Der VW ID.7 ist das neue Elektro-Flaggschiff der Marke. Mit viel Platz für Menschen und Gepäck, hohem Fahrkomfort (den wir ja schon ausprobieren konnten) und vereinfachter Bedienstruktur weckt er neue Begehrlichkeiten. Passat Limousine und Arteon sind nicht mehr lieferbar. Nicht nur für sie ist der ID.7 ein Nachfolger der elektrischen Zeit. Sein Format holt auch Menschen aus dem Dämmerzustand, die noch vom Phaeton träumen.