Der neue VW Passat ist die letzte Neuauflage der Mittelkasse-Baureihe. Alle Informationen zum neuen Variant gibt es hier, auch im Video.
Seit den 1970er Jahren steht der Name Passat als Synonym für die automobile Begehrlichkeit von Familienoberhäuptern und Firmenwagenfahrern. Noch vor dem Golf läutete das Mittelklassemodell, damals auf Basis des kurz zuvor präsentierten Audi 80, bei den Wolfsburgern das Zeitalter von Frontmotor und Wasserkühlung (mal den K70 außer Acht gelassen, der von NSU adaptiert wurde).
Der Passat Variant im Video
Im Frühjahr 2024 startet die neunte Generation des Passat als letzte Reinkarnation der Baureihe, während parallel auch der elektrische ID.7 um die Gunst der Kunden wirbt. Im Gegensatz zum MEB-Bruder wird es den Passat nur noch als Variant, also als Kombi geben. Die schwache Nachfrage nach der Limousine hat zu dieser Entscheidung geführt.
In Emden hat der ID.7 den Passat schon verdrängt. Aus dem dortigen VW-Werk kommt der neue Variant nicht mehr. Er wird künftig, gemeinsam mit dem Skoda Superb , im slowakischen Bratislava produziert.
DCC Pro für mehr Komfort
Das technische Grundgerüst des Passat ist die MQB-evo genannte Überarbeitung des „Modularen Quer-Baukastens“. Eine wichtige technische Neuerung ist das optionale DCC-Pro-Fahrwerk, bei dem zwei Ventile im adaptiven Stoßdämpfer den Ölfluss und damit Zug- sowie Druckstufe regeln. Wie das -auch in der Verbindung mit dem Fahrdynamikmanager samt elektronischer Differenzialsperre (XDS) funktioniert, konnte AUTONOTIZEN bereits im Rahmen der ersten Fahrt im Passat-Vorserienauto berichten. Jetzt zeigt sich der neue Kombi erstmals ohne Tarnfolie.
Im Format wächst der Passat deutlich. Die Länge nimmt um 14,4 Zentimeter auf 4,92 Meter zu. Der Radstadt wächst um fünf Zentimeter auf 2,84 Meter. Mit 1,85 Metern ist die Neuauflage B9 um zwei Zentimeter breiter als der intern B8 genannte Vorgänger, die Höhe legt um sieben Millimeter auf 1,48 Meter zu.
690 Liter Kofferraum-Volumen
Das Kofferraumvolumen des Variant legt deutlich zu. 690 Liter können, sofern das Staufach unter dem doppelten Ladeboden mit genutzt wird, in den Fünfsitzer gepackt werden – 40 Liter mehr als bisher. Bei umgeklappter Lehne der Rücksitzbank stehen bis zu 1.920 Liter zur Verfügung.
Erste Klasse in der zweiten Reihe
Vom Längenwachstum profitiert der auch bisher schon üppige Beinraum im Fond, wie die Sitzprobe im Passat zeigt. Auch bei weit nach hinten gefahrenen Vordersitzen kann man in der zweiten Reihe bequem die Beine übereinanderschlagen. Ohne Elektroauto-Akku im Boden muss man die Beine nicht über Gebühr anwinkeln, zudem passen die Füße bequem unter den Vordersitz.
Die Isofix-Bügel zur Arretierung von Kindersitzen liegen hinter stabilen Klappen. Auch mit Haltegriffen für die Passagiere, in diesen Tagen leider keine Selbstverständlichkeit mehr, und mit Teppich ausgeschlagenen Ablagetaschen in den Türen zeigt der Passat seinen Fast-schon-Premium-Anspruch.
Neue Sitzmassage
Je nach Ausstattung nehmen Fahrer und Kopilot auf „ErgoActive“-Sitzen mit einer verbesserten Massagefunktion (Zehnkammer-Druckpunkt) Platz, die neben der elektrischen Verstellung auch eine ausziehbare Oberschenkelauflage bieten. Eine automatische Steuerung übernimmt Sitzheizung und -ventilation. Sensoren im Sessel erkennen Feuchtigkeit und schalten bei Bedarf den Luftzug an. Gleichzeitig kann auch geheizt werden.
Im Cockpit zieht mit MIB4 (vierte Generation des „Modularen Infotainment-Baukastens“) eine neue Software ein. Die Bedienstruktur wurde deutlich vereinfacht. Eine feststehende Leiste auf dem serienmäßig 12,9 Zoll und optional 15 Zoll großen Touchscreen-Monitor erlaubt die Bedienung wichtiger Klimafunktionen. Am oberen Ende gibt es fixe Icons für das Kachel-Menü und die Möglichkeit, eigene Favoriten „anzupinnen“. Der „Home Screen“, also das Hauptmenü, ist ebenfalls individuell konfigurierbar.
DSG-Wählknubbel am Lenkrad
Viele Einstellungen und Funktionen lassen sich auch per verbesserter Sprachbedienung, IDA genannt, steuern. Analoger zeigt sich das Lenkrad. Wie versprochen kehrt VW hier zur klassischen Knöpfchen-Sammlung zurück, was die Bedienung erleichtert.
Rechts an der Lenksäule stellt man die Fahrstufe des serienmäßigen Doppelkupplungsgetriebes ein. Einen Wählhebel auf der Mittelkonsole gibt es, ebenso wie ein manuelles Schaltgetriebe, nicht mehr. Unter Jalousien bietet der Passat zwischen den Sitzen eine Smartphone-Ladeschale, zwei USB-Anschlüsse mit jeweils 45 Watt Leistung und Becherhalter.
Weiter oben blickt man, die Wahl der entsprechenden Option vorausgesetzt, auf ein Head-up-Display mit Projektion auf die Windschutzscheibe. Die wenig hochwertige Notlösung mit kleiner Kunststoffscheibe auf der Instrumenten-Hutze gehört somit der Vergangenheit an.
Wie erlebt man das neue Cockpit?
Wie lebt es sich hinter dem Lenkrad des neuen Passat? Da hochbauende Cockpit lässt das große Infotainment-Display weniger dramatisch auftreten als befürchtet. Gleichzeitig sorgt die Architektur dafür, dass man gut ins Auto integriert ist. Die große Fläche vor dem Beifahrer wird von einer Ambientelicht-Fläche aufgelockert. Auch hierfür lässt sich im Fahrzeug-Menü eine entsprechende Konfiguration (Farbe, Verteilung und Helligkeit) vornehmen.
Benziner und Diesel ab 150 PS
Unter der Motorhaube des VW Passat arbeitet immer ein quer eingebauter Vierzylinder-Benziner. Das Basismodell ist ein mit 48-Volt-System mild hybridisierter 1.5 TSI mit 110 kW / 150 PS. Darüber rangiert der 2.0 TSI in zwei Leistungsstufen. Mit Frontantrieb sind es 150 kW / 204 PS, als 4Motion genannter Allradler bringt es der Kombi auf 195 kW / 265 PS. Das sind 15 Pferdestärken weniger als im TSI-Topmodell des Vorgängers. Die Leistungseinbuße ist der Verbeugung vor aktuellen Abgasnormen geschuldet.
Das gilt auch für den stärksten TDI mit jetzt 142 kW / 193 PS (zuvor 147 kW / 200 PS) in Allradantrieb. Alternativ steht der zwei Liter große Selbstzünder mit doppelter Abgasreinigung über zwei SCR-Katalysatoren auch mit Frontantrieb und 90 kW / 122 PS oder 110 kW / 150 PS zur Wahl.
Plug-in Hybride mit 100 km Reichweite
Die Kraftverwaltung übernimmt bei allen genannten Motoren ein DSG (Doppelkupplungsgetriebe) mit sieben Vorwärtsgängen. Sechs Stufen sind es bei den beiden neuen Plug-in Hybriden, Passat eHybrid genannt.
Der elektrifizierte Antriebsstrang schickt den betagten 1.4 TSI aufs Altenteil, der 1.5 TSI mit variabler Turboladergeometrie, 110 kW / 150 PS und 250 Newtonmeter Drehmoment übernimmt den Verbrenner-Part. In Verbindung mit dem bekannten 85-kW-Elektromotor (115 PS) kommt der Passat eHybrid auf eine Systemleistung von 150 kW / 204 PS und 350 Newtonmeter Drehmoment. Das Topmodell ist der eHybrid mit 200 kW / 272 PS und 400 Newtonmetern. Die höhere Systemleistung wird, neben der Software-Applikation, auch über einen stärkeren E-Motor mit 130 kW (177 PS) ermöglicht, der Benziner bleibt unverändert.
Das gilt auch für das Format des Akku-Moduls, nicht jedoch für dessen Innenleben. Mit enger gepackten Zellen im identischen Gehäuse konnte die Speicherkapazität der Lithium-Ionen-Batterie fast verdoppelt werden, sie beträgt jetzt (netto, also nutzbare) 19,7 kWh. Damit soll der VW Passat eHybrid eine elektrische Reichweite von rund 100 Kilometern möglich machen – genaue Homologationswerte stehen aktuell noch aus.
Erstmals mit DC-Lademöglichkeit
Mit der Akkugröße stieg auch die Ladeleistung, die beim bisherigen GTE mit 3,6 kW recht überschaubar war. Jetzt kann Wechselstrom, beispielsweise an der Wallbox oder einer öffentlichen Ladesäule, dreiphasig mit bis zu 11 kW gezogen werden. Über den CCS-Anschluss lässt sich der Plug-in Hybrid erstmals auch am Schnelllader mit neuer Energie versorgen. Hier sind maximal 50 kW Ladeleistung möglich, in rund einer halben Stunde dürfte die Batterie also wieder voll sein.
Die Anhängelast der beiden eHybrid-Modelle beträgt 1.800 Kilogramm. Wohnwagen bis zur Caravan-Mittelklasse können als angehängt werden. Die beiden Allradler können über zwei Tonnen an den ausklappbaren Haken nehmen.
Vier Ausstattungslinien
Zum Marktstart im Frühjahr 2024 wird der neue VW Passat in vier Ausstattungslinien angeboten. Das Basismodell bringt eine Smartphone-Integration (App Connect), Klimaautomatik, adaptive Geschwindigkeitsregelanlage, Totwinkelwarner und Spurhalteassistenz mit.
Darüber rangiert die Business-Variante, die mehr Chrom an der Karosserie, Sitzbezüge in „Art Velours“ mit Massagefunktion vorne, Dreizonen-Klimaautomatik, das Assistenzprogramm Travel Assist und Sprachsteuerung mitbringt.
Bei den High-End-Derivaten hat der Passat-Kunde die Wahl zwischen dem edel auftretenden Elegance oder dem dynamisch orientierten R-Line mit speziellen Stoßfängern, Sportsitzen und 18-Zoll-Felgen. Beide bringen das „IQ.Light“ genannte Matrix-LED-Scheinwerfersystem mit, ebenso Sitzheizung vorne und eine erweiterte Massagefunktion für Fahrer und Beifahrer, schlüssellosen Zugang, Ambientelicht und eine elektrische Heckkappe mit. Der Park Assistent kann angelernt werden und enge Einfahrten auch selbsttätig wieder zurückfahren.
Preise ab 39.990 Euro
Eine vollumfängliche Preisliste für den neuen Passat gibt es, knapp ein halbes Jahr vor dem Start der ersten Auslieferungen an Händler und Kunden, nicht. Nur der Basispreis für den 1.5 TSI steht schon fest: Er soll 39.990 Euro kosten.
Damit bliebt der Passat, zumindest bis zur nächsten Preiserhöhung, ganz knapp unter der wichtigen 40.000-Euro-Marke und wird, im Vergleich zum Vorgänger, nur wenig teurer. Der war als „Conceptline“ zuletzt mit 150 PS und 7-Gang-DSG ab 38.850 Euro zu haben.
Fazit
Der neue VW Passat startet 2024 in einem schwierigen Marktumfeld. Private Kunden greifen mittlerweile vermehrt zum SUV anstelle eines Kombis, viele Flottenkunden stellen auf Elektroautos um. Wegducken und Nachgeben? Das stand nicht im Lastenheft. Die neunte Modellgeneration bietet eine neue Software-Generation mit verbesserter Bedienung, zudem haben die VW-Designer ihre Abneigung gegen Knöpfe am Lenkrad verloren.
Das Motorenprogramm bietet mit Benzinern, Dieseln und zwei Plug-in Hybriden eine breite Auswahl. Wer in der Mittelklasse vollelektrisch unterwegs sein will (oder soll, wenn es der Arbeitgeber vorschreibt), kann bei VW zum ID.7 greifen. Er soll auch als Kombi kommen. Der neunte Passat wird auch der letzte sein. Wenn die Baureihe, irgendwann nach 2030 ausläuft, wird sie erhobenen Hauptes die Bühne verlassen. Bis dahin dürften viele Kunden mit dem Kombi gerne Kilometer sammeln. Wie das funktioniert, klären wir bald im ersten Test.