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Businessplanpitch beim Venture Capital – Spender. Auf dem Parkplatz vor dem Büroturm reihen sich die „Ich bin Unternehmer, ich habe es geschafft“ – Symbole aneinander. Porsches 911, trotz aller SUV-Ausflüge nach wie vor das Kernmodell der Marke, steht wie kein anderes Auto für die Chefetage von erfolgreichen Start-Ups, Mittelständlern und Medien-AGs. Da der Chef selber nicht (mehr) bei Kunden und Kooperationspartnern vorfährt, muss er bei der Fahrzeugwahl keine Bescheidenheit demonstrieren. Carrera 4 Cabrios oder Targa sind gerne genommen, auch mal ein 4S. Das obere Ende der 911-Fahnenstange in Form der Modelle Turbo und Turbo S dagegen steht entweder auf dem Wagniskapitalgeber-Parkplatz selber oder gerne auch vor der gut laufenden Zahnarztpraxis.
Eine gewisse Hackordnung im automobilen Oberstübchen also, mit der es bald vorbei ist. Ab Mitte Dezember genaugenommen, wenn Porsche die überarbeiteten Modelle der aktuellen Baureihe mit dem internen Produktcode 991 in die Verkaufsräume stellt.
„Ich fahr einen 911er, einen Turbo“ kann dann auch der bisher so bemitleidenswerte Kunde eines Carrera 2 oder Carrera 4 sagen, denn dann darf er das. Fast kann man es hören, das kollektive Raunen aus den Reihen der Porsche-Fans. Krisenstimmung, weil Porsche sich bei seiner Sportwagenikone vom frei atmenden Saugmotor verabschiedet? Noch ist Ruhe im Wasserglas. Gut, die alten Hasen unter den 911erln sind vielleicht abgehärtet, unter anderem durch einschneidende Erlebnisse wie Automatikgetriebe (Modell 964) und der Umstellung von Luft- auf Wasserkühlung (Modell 996).
Kein neuer 911er ohne eine Schippe mehr Leistung, klar. 20 PS zusätzlich sind es diesmal, also 272 kW / 370 PS beim Carrera, 309 kW / 420 PS beim Carrera S. Beiden gemeinsam ist der Grundmotor, ein drei Liter großer Boxermotor und sechs Zylindern – und eben Turboaufladung. Bisher hatten die S-Modelle mehr Hubraum als die Carerras ohne Zusatz, es stand 3,8 Liter (Carrera S) zu 3,4 (Carrera). Beim maximalen Drehmoment darf es auch gerne etwas mehr sein, das Zuwachs um jeweils 60 Nm auf nun 450 Nm (Carrera) bzw. 500 Nm (Carrera S) freut Dynamiker. Wie auch die maximale Drehzahl von 7.500 U/min, untypisch für moderne Turbomotoren und gerne als eine Art Wiedergutmachungszuckerl der Porsche-Strategen zu verstehen. Natürlich sind die neuen Porsches nun schneller auf Hundert (um 0,2 Sekunden) und erreichen eine höhere Topspeed (Carrera 295 km/h – plus sechs -, Carrera S 308 km/h – plus vier).
Der Vollständigkeit halber müssen wir natürlich erwähnen dass 991 der Zweite auch sparsamer geworden ist, zumindest auf dem ECE-Prüfstand. Um einen Liter alle 100 km soll die neue Generation einsparen. Wer jemanden kennt, der es schafft, seinen 911 Carrera mit Doppelkupplung im Alltag annähernd mit den genannten 7,4 Litern / 100 km zu fahren, soll sich bitte melden. Ich erwarte kein überquellendes Postfach. Das adaptive Fahrwerk (PASM) ist nun bei allen 911ern serienmäßig verbaut, dazu gibt es bei den S-Modellen eine optionale Hinterachslenkung (Aufpreis 2.249,10 Euro).
Ein Stockwerk höher können sich die Kunden über das nun serienmäßige Multimediamodul PCM (Porsche Communication Management) freuen, das in seiner neuen Generation auf dem Infotainment-Baukasten von Konzernmutter Volkswagen basiert. Das bringt auch Apple Car Play ins Auto und kann endlich Verkehrsinformationen in Echtzeit verarbeiten.
Auch äußerlich gibt sich das neue Modell zu erkennen. Vorne gibt’s das LED in „Vierpunktoptik“ wie bei Panamera, Cayenne und Macan (und eben auch bei Kia, was mich bei Porsche auf eine andere Lösung hoffen ließ) und skulptural gearbeitete Heckleuchten, die wie bei Macan nun dreidimensional wirken. Neue Türgriffe bitten hinein in die gute Stube und der Heckmotor zieht sich die Atemluft nun durch längs statt quer angeordnete Lamellen auf dem ausfahrbaren Heckspoiler ein – was irgendwie logisch erscheint.
Ab 12. Dezember ist der neue Porsche 911 zu Preisen ab 96.605 Euro für den Carrera zu haben. Der Carrera S kostet 110.766 Euro. Die entsprechenden Stoffdachmodelle kosten 109.695 Euro bzw. 123.856 Euro.
Und wenn es auf der Karriereleiter dann noch eine Stufe hinaufgeht, hilft der 911 auch gerne mit. Die Federbeine an der Vorderachse lassen sich hydraulisch aufpumpen, was 40 Millimeter mehr Bodenfreiheit unter der Spoilerlippe bringt. Immer weiter aufwärts – bis zum „echten“ Turbo.