Der Camper-Van Malibu 640 LE auf Basis des Fiat Ducato im Fahr- und Wohntest.
„Ja, der weckt jetzt bei mir direkt eine gewisse Begehrlichkeit.“ Dieser Satz vom Beifahrersitz, kurz nach dem Einsteigen, muss erstmal sacken. Ausgesprochen von der Ehefrau, der die Vielzahl unterschiedlichster Testwagen sonst eher, nein ziemlich, egal ist. Ein Rolls-Royce? „Der passt ja gar nicht richtig in die Garage.“ Ein Alfa Romeo 4C? „Viel zu laut!“. Und so weiter. Nur einmal gab es eine SMS „Ich habe mich gerade verliebt“. Gemeint war die Optik des Abart 695 Rivale auf Basis des Fiat 500.
Und jetzt das. Wieder in einem Fiat, dieses Mal in einem Ducato. Wobei die plötzliche Sympathie nicht dem schnöden Kastenwagen gilt, der an manchen Tagen mehrfach mit unterschiedlichsten Aufschriften von DHL bis Amazon die Straße zuparkt. Sondern dem Camper-Van Malibu 640 LE, einem Ausbau eben jener Fiat-Basis. Der damit auch zeigt, wie stark das Thema Camping die Menschen umtreibt.
Nach diversen Erfahrungen mit vollintegrierten Reisemobilen auf der gleichen technischen Grundlage und auf Basis des neuen Mercedes Sprinter sowie dem Tag am Meer mit dem Freizeitvan Mercedes Marco Polo stand nun das gewiss interessanteste Segment des wachsenden Wohnmobil-Marktes im Fokus.
So wie die Liefer- und Kurierdienste kommt auch ein zum Wohnen aus- und umgebauter Kastenwagen überall hin. Enge Straßen in südeuropäischen Städten, Bergpässe und, je nach Format, das heimische Carport stellen für den Camper-Van kein Problem dar.
Malibu, die 2013 als eigenständige Marke ins Leben gerufene Tochter des schwäbischen Reisemobilherstellers Carthago, bietet auf Basis des Fiat Ducato acht verschiedene Camper-Van-Modelle in drei verschiedenen Längen an. Der getestete 640 LE ist mit einem Format von 6,36 Metern einer der längsten im Programm.
Das spiegelt sich natürlich im Innenraum wider und zeigt, dass man sich vor dem Kauf eines Wohnmobils genau mit der Thematik auseinandersetzen muss. Für den 1,92 Meter großen Autor kommt nur ein Camper-Van mit Längsbetten in Frage. Im Malibu 640 LE sind die 1,96 und 1,83 Meter lang. Überraschend gut schläft es sich auf den dünnen, aber sehr gut geschäumten Matratzen auf durchgehenden Lattenrosten.
Kälteschutzschilder an den Fenstern der Heckflügeltüren unterstützen sie Isolierung ein wenig, bei niedrigen Außentemperaturen wird es im Camper-Van aber deutlich kühler als im mehrschichten Aufbau eines voll- oder teilintegrierten Wohnmobils. Unter dem Heckbett ist ein ausreichend großer Kofferraum für Gartenmöbel und mehr vorhanden. Bei Bedarf lassen sich die Betthälften hochklappen und fixieren, so dass größere Dinge wie Fahrräder transportiert werden können.
Sehr clever gelöst ist das vollständige Bad im Malibu 640 LE. Die Schiebetür nimmt weniger Platz ein als eine Schwenktür und wirkt, wie der gesamte Innenausbau, langlebig und gut verarbeitet. Die Schwenktoilette macht Platz für das Duschbedürfnis, eine ausgefeilte Aufklappmechanik der Duschkabine hält sie dabei, ebenso wie das Waschbecken, trocken.
100 Liter misst der Frischwassertank, was ebenso wie der 92 Liter fassende Abwasserbehälter für zwei Personen ausreichend ist. Auf Wunsch kann ein dritter Schlafplatz mit Umbau des Essbereich geordert werden. Auf der Zweiersitzbank dort, die leider die Gurtschlösser bei Nichtgebrauch klappernd herumhängen lässt, kann man ebenso bequem speisen und Zeit verbringen wie auf den drehbaren Fahrerhaussitzen. Eine drehbare Erweiterung der Tischplatte dient der Bequemlichkeit der vierten Person und sorgt für mehr Ablagefläche.
Der begrenzte Raum des außen 2,05 Meter langen Ducato wird auch in der Küche mit zweiflammigem Gasherd gut genutzt. Die Abdeckung der Spüle ist gleichzeitig ein in die Wand einsteckbares Schneidebrett oder kann als Ablageregal genutzt werden. Dachschränke und Schubladen bieten, ebenso wie der optionale 80 (statt 65) Liter große Kühlschrank, ausreichend Stauraum für das Gepäck von zwei Personen. Alles rastet sauber ein und wackelt somit während der Fahrt nicht geräuschvoll in den Verankerungen. Für Kritik sorgen fehlende Aufhängehaken für Handtücher, Jacken und Co.
Auf dem Weg zum Urlaubs- oder Wochenendziel bringt der optional verbaute 180 PS-Dieselmotor den Ducato ausreichend flott voran. Das automatisierte Schaltgetriebe nervt wieder einmal mit ewig langen Schaltpausen, die oftmals auch im genau falschen Moment entstehen, ist aber für die Reise trotzdem entspannter als ein manuelles Getriebe.
Reisetempo 130 km/h auf der Autobahn sind problemlos möglich, auch die Windgeräusche halten sich trotz Markise, Dachluken und Parabolantenne auf dem Dach in Grenzen. Der Verbrauch im Testzeitraum betrug 10 Liter Diesel auf 100 Kilometer.
Fazit zum Malibu 640 LE Camper-Van
Für Reisen zu zweit muss man sich echt die Frage stellen, warum ein größeres Wohnmobil angeschafft werden sollte. Ein geschickt ausgebauter Camper-Van bietet vielleicht auf der Maßtabelle, aber subjektiv nicht weniger Platzangebot im Innenraum. Ein Gasherd mit zwei Flammen reicht auch meistens aus. Das alltagstaugliche Format des Kastenwagens bringt viele Vorteile, auch bei der Suche nach einem Abstellplatz außerhalb der eigenen Reisesaison. Wenn man ihn nicht eh als Zweitwagen nutzt.
Dann lohnt sich auch die Investition irgendwann mehr. Denn ein Fahrzeug wie der Malibu 640 LE kostet mindestens 47.150 Euro, der gut ausgestattete Testwagen mit stärkerem Motor gar 67.400 Euro. Dafür bekommt man einen hochwertigen Innenausbau mit angenehmen Materialien, bei dem nur der starke Holzgeruch und die altbackene Farbwelt das eigene Empfinden stören. Des Autors, nicht der Ehefrau. Die würde ihn auch so nehmen.
Technische Daten
Malibu Van 640 LE |
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Hubraum | 2.287 ccm |
Anzahl und Bauform Zylinder | 4 in Reihe |
Maximale Leistung kW / PS | 130 kW / 177 PS |
Max. Drehmoment | 400 Nm bei 1.500 U/min |
Getriebe | Automatisiertes Sechsganggetriebe |
Höchstgeschwindigkeit | 155 - 171 km/h (unausgebauter Kastenwagen) |
Norm-Verbrauch auf 100km | 6,1 Liter (unausgebauter Kastenwagen) |
Verbrauch real auf 100km | 10,0 Liter |
Reifenmarke und –format des Testwagens | Michelin Agilis Camping 225/R16 CP |
Leergewicht | 2.755 kg |
Länge / Breite / Höhe | 6.358 / 2.050 / 2.590 mm |
Grundpreis | 47.150 Euro |
Testwagenpreis | 67.400 Euro |