Freie Fahrt für freie Bürger
Deutschland rühmt sich zu Recht mit sicheren und schnellen Autobahnen, wo es geht soll es schnell vorangehen. Leider gilt das nicht für die Anstrengungen der Regierung, unser Land endlich fit zu machen für neue Wege in Sachen Antriebstechnologie. Auf der eben zu Ende gegangenen IAA gab es eine extra Halle für neue Formen der Mobilität, natürlich hat auch der Elektroantrieb dort eine große Rolle gespielt.
Auf den Ständen der Autohersteller gab es dazu eine große Bandbreite alternativer Antriebskonzepte, sei es voll elektrisch wie bei BMWi oder dem VW e-Golf, als endlich serienreife Brennstoffzelle (Toyota, Hyundai) oder als Plug-In Hybride (BMW eDrive Modelle, VW GTE-Range). In dieser Liga hat der überarbeitete Mitsubishi Outlander seine Publikumspremiere gefeiert. Ganz nach aktuellen Gepflogenheiten des japanischen Herstellers auch in der grünen Variante, als Outlander Plug-In Hybrid (kurz: PHEV für Plug-In Hybrid Electric Vehicle).
Das SUV mit den zwei Herzen gibt es jetzt bis Ende des Jahres für 35.990 Euro und somit 4.000 Euro unter dem Listenpreis. Diese Bemühungen von Mitsubishi, den Teilzeitstromer auch hierzulande in das Straßenbild zu drücken, in allen Ehren, aber ausstattungsbereinigt kostet der PHEV immer noch 6.700 Euro mehr als der vergleichbare Diesel-Outlander (41.990 Euro nach Abzug der 4.000 Euro Bonus).
Noch immer ist das grüne Autogewissen kein Schnäppchen. Klar kostet die aufwendige Technik mit der Verzahnung von Benziner und E-Antrieb mehr Geld, aber hier zeigt sich auch das typisch deutsche Dilemma. Während der Outlander in Märkten wie Holland fast ausschließlich als Hybridmodell abgesetzt wird, da Elektromobilität vom Staat gefördert wird, ist in Deutschland immer noch ein politisches herumstöpseln an der Tagesordnung
Wir wissen mittlerweile, dass ein Ziel von 1 Million E-Autos im Jahr 2020 keinesfalls erreichbar ist, "Dieselgate" hin oder her. Was fehlt ist nicht nur ein massiver, von öffentlicher Hand gesteuerter und beschleunigter, Ausbau eines universalen Ladenetzwerkes (auch in Städten und Metropolregionen, nicht nur an Autobahnen), sondern endlich auch eine Kaufprämie - weniger aktionistisch als die Abwrackprämie in 2008/2009 und nachhaltiger gestaltet. Achso, die Zuständigkeiten. Das kennen wir ja auch von z.B. der KFZ-Steuer. Bis sich Bund, Länder und Kommunen auch nur ansatzweise auf eine gemeinsame Marschrichtung einigen können, vergehen auch mal Jahre.
Will das Autoland Deutschland hier nicht mit kleineren Staaten wie den Niederlanden oder Norwegen gleichziehen, weil die heimischen Hersteller noch nicht so weit sind? So weit sein wollen? Wo sind die Brennstoffzellenautos aus Deutscher Produktion, z.B. aus Stuttgart? Wo sind die breiten E-Auto-Portfolios unserer Hersteller? Aber auch: Warum wird nicht mehr unternommen, die Akzeptanz moderner Antriebe in der Bevölkerung zu erhöhen und ihr die meist unbegründete Angst vor zu wenig Reichweite zu nehmen? Hier sind auch die Hersteller in der Pflicht. Kampagnen wie VWs gestellter "Enjoy the Silence" - Flashmob sind nette Youtube-Hits, aber welche Botschaft kommt denn beiden Kunden an? Leise ist es am Kreisverkehr, Rentner lächeln (ob wegen der Ruhe oder dem abstrakten VW XL1 weiß man nicht) - und am Ende löst sich alles wieder ganz fix auf. Die parallele Plakatkampagne zum Passat GTE erklärt dafür leider gar nichts außer "Think New" - was die Bevölkerung in Sachen Volkswagen ja eh gerade vor hat. Liebe Wolfsburger, wie wäre ein Schritt, gerade jetzt die GTE-Modelle und Golf und Passat - ähnlich wie Mitsubishi - annährend zum Dieselpreis anzubieten? Dann hätten es auch die leidtragenden Verkäufer wieder leichter.
Mercedes-Benz ist gerade noch am Geldzählen, nachdem die Tesla-Anteile gewinnbringend abgestoßen wurden. Dass der älteste Autobauer der Welt mit dem kalifornischen Entfant Terrible der Branche nicht mehr verzahnt sein will, schön und gut - aber wo ist der Alternativplan, der weiter gedacht ist als die "e"-Modelle aktueller Baureihen. Lieber wird - um kurzfrisitig hungrige Märkte zu bedienen - die SUV-Palette ausgebaut und massiv beworben.
Wo ist eine Kooperation der beiden letztgenannten Hersteller, um für große Flotten Elektro-Transporter anzubieten, vor allem solange Crafter und Sprinter noch vom gleichen Band dieseln? Gerade die Deutsche Post, bei der die Transporter tagein, tagaus durch den innerstädtischen Stop-and-Go Lieferverkehr geprügelt werden, könnte und sollte hier schnell auf Stromer umsatteln.
Es gilt aufzupassen, dass wir als Erfinder des Automobils in Sachen Elektromobilität nicht mehr und mehr ins Abseits fahren, uns zu sehr auf Verbrennungsmotoren konzentrieren und plötzlich nicht mehr mitspielen dürfen, wenn in asiatischen Megacities oder amerikanischen Sonnenstaaten plötzlich nur noch gestromert werden darf. Ein erstes Anzeichen gab es auch dafür auf der IAA. Der US-Elektroautopionier Tesla hat es nicht mal für nötig gehalten, sein lang erwartetes Model X rechtzeitig zur Messe fertig zu bekommen. Das Elektro-SUV wird jetzt kurz nach der Messe an erste Kunden ausgeliefert. Trotz wenig Neuheitenfaktor war der Kundenandrang bei den in Frankfurt ausgestellten Limousinen der Baureihe Model S aber enorm - liebe Regierung, wir Kunden sind bereit, den Schritt in Richtung neue Antriebsalternativen zu gehen - ebnen Sie uns bitte sehr den Weg für diesen Marsch.