Was bedeutet die mögliche Fusion von FCA und PSA für Marken und Modelle?
Jetzt also doch. Nach einigen Tanzeinlagen um diverse Partner, zuletzt Renault, scheint der italo-amerikanische FCA-Konzern bereit für die Ehe zu sein. In einer gemeinsamen Erklärung haben FCA und die Groupe PSA den Plan einer Fusion angekündigt. Damit wird der viertgrößte Autokonzern der Welt entstehen, der jährlich 8,7 Millionen Autos baut. Mehr verkaufen aktuell Volkswagen, Toyota und die Renault-Nissan-Mitsubishi-Allianz. In Europa wäre die Kombination aus FCA und PSA eine starke Nummer 2 hinter dem Volkswagen-Konzern.
Sollten die Behörden, allen voran die französische Regierung als Anteilseigner von PSA, die Fusion durchwinken, hat das neue Unternehmen zwölf Pkw-Marken unter seinem Schirm. Von FCA kommen Abarth, Alfa Romeo, Dodge, Fiat, Jeep, Lancia Maserati und RAM hinzu. PSA steuert Citroen, DS, Opel und Peugeot bei.
Was könnte der Zusammenschluss für die einzelnen Marken und Produktkategorien bedeuten?
Ergänzung bei den Kleinwagen
Kleinst- und Kleinwagen erwirtschaften nur geringe Margen, zudem werden sie durch neue Abgasgrenzwerte immer teurer. Kooperationen sind angesagt. Im Gemeinschaftsunternehmen mit FCA wäre es angebracht, einen neuen Peugeot 108 an den für 2020 geplanten Nachfolger des Fiat 500 anzudocken. Beide könnten als höher positionierte Kleinwagen eine ordentliche Marge einfahren.
Auch der Fiat Panda bekommt durch die Fusion eine neue Perspektive. Eine gemeinsame Kleinwagenarchitektur des neuen Großkonzerns kann global genutzt werden und auch in Schwellenländern, in denen PSA aktiv ist, könnte das rationalere Modell montiert und verkauft werden. So zum Beispiel als Citroen C1 in Indien.
Zugang zum US-Markt
FCA feiert mit Dodge, Jeep und RAM in den USA weiterhin große Erfolge. Das Händlernetz dieser Marken kann genutzt werden, um das geplante Comeback der Marke Peugeot in Nordamerika voranzutreiben. Mit dem 508 und größeren Modellen könnten die Franzosen als kleinerer Anbieter im Bereich der Sedans (Limousinen) und Kombis aktiv werden. Auch in den USA kaufen die Menschen noch Kombis, was man am Erfolg des Subaru Outback ablesen kann.
Alfa Romeo, DS oder Lancia?
Die Premiummarken suchen das Licht am Ende eines Tunnels. PSA hat DS Automobiles von Citroen gelöst und versucht mit großen Anstrengungen in Marketing und Händlernetz, die Marke als Premium-Alternative aufzubauen. Der DS7 Crossback ist ein guter Start, der DS3 Crossback muss sich im wettbewerbsintensiven Umfeld der City-SUV aber erst noch beweisen.
Unter der Marke Lancia verkauft FCA nur noch den veralteten Ypsilon, und ihn nur noch in Italien. Dennoch erzielt die Marke damit höhere Stückzahlen als Alfa Romeo in ganz Europa. Die Marke mit dem immer noch großen Namen braucht dringend neue Investments in Produkte und Technologien. Die Strategie, mit teuren Sportwagen wie dem GTV und 8C für Image zu sorgen, dürfte kaum mehr Giulias und Stelvios auf die Straßen spülen.
Sinnvoll wäre die Entwicklung einer neuen Fahrzeugplattform für die Marken Alfa Romeo, DS und Maserati. Wenn es gelingt, dieses Trio global aufzustellen, dürfte sich das Investment auszahlen. In Europa könnte Alfa Romeo die Premiumrolle einnehmen, während DS mehr Fokus auf China und andere asiatische Märkte legt. Maserati ist global für die Oberklasse und Sportwagen zuständig.
In der von FCA und PSA gemeinsam veröffentlichten Erklärung wird explizit auf das „substanzielle Potenzial zur Entwicklung“ der Marken Alfa Romeo und Maserati hingewiesen.
Der breite Mainstream
Mit Citroen, Fiat, Opel und Peugeot stehen vier Mainstream-Marken im Wettbewerb. Die Positionierung innerhalb von PSA ist im vollen Gange. Citroen bietet praktische und preiswerte Autos mit frischen Ideen an, während Peugeot sich zur Design- und Technikmarke mausert (auch deswegen sollte man hinter DS ein Fragezeichen setzen). Opel nimmt die Rolle der Hausmannsmarke ein, was keinesfalls negativ gemeint ist. Neue Technologien, ein ansprechendes Design und das immer noch gute Image von „Made in Germany“ passen in die Lücke.
Fiat behält die schon jetzt von FCA angestrebte Rolle des Kleinwagen-Spezialisten. Ein neuer Fiat 500 X könnte sich die CMP-Plattform mit Peugeot 2008 und DS3 Crossback teilen. Vielleicht wiederholt sich auch die Geschichte: Schon einmal teilten sich Opel Corsa und Fiat Punto den Unterbau. Ob ein neuer Fiat Punto aber Sinn macht, müssten die Controller erstmal durchrechnen.
Jeep, Dodge und RAM
Die US-Labels von FCA dürften von der Fusion unbeeindruckt bleiben. Die US-Präsenz wird für den neuen Konzern wichtiger denn je, mit dem Rest der Marken gibt es kaum Überschneidungen im Produktportfolio. Auch extreme Modelle wie den Dodge Charger und Challenger Hellcat wird es weiterhin geben.
Abarth und Lancia
Die Marke Lancia wird mit dem Auslaufen des aktuellen Ypsilon wohl endgültig sterben. Auch die Rolle von Abarth ist fraglich. PSA treibt die Reduzierung der CO2-Werte und die Elektrifizierung seiner Palette massiv voran. Die sportlichen Italiener, gerne mit Akrapovic-Abgasanlage, passen da nur schwer ins Bild.
Den nächsten Fiat 500 dürfte es noch als Abarth 595 und 695 geben. Für die Zeit danach könnte man das traditionsreiche Label wieder als Zubehörmarke oder für starke Elektro-Versionen der Kleinwagen nutzen.
FCA und PSA sollen am Gemeinschaftsunternehmen jeweils 50 Prozent der Anteile halten. PSA-Chef Carlos Tavares soll der Mitteilung zufolge neuer CEO werden, FCA-Chairman John Elkann die gleiche Rolle nach der Fusion einnehmen.
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